das gleichnis mit dem holzscheit. teil 1
es hängt eine vielzahl österreichischer intellektueller in einem leeren weissen raum herum. man nimmt abwechselnd die rodin’sche denkerpose am jeweiligen kaffeetischchen oder den klassischen kontrapost ein; zweiterer bringt mit sich, dass die kolleg*innen mit ausdrucksvollen augen in eine ferne schauen, die sie wohl hinter (oder schlimmstenfalls in) jener weißen wand vermuten.
aus einem nebenraum ist leise, aber mit bestimmtheit eine kuckucksuhr zu hören. sie schlägt uns die stunde.
robert menasse runzelt die stirn. stefanie sargnagel hat vom herumsitzen einen krampf und schüttelt ihren linken unterschenkel aus. hans rauschers blick bringt zum ausdruck, dass er nicht weiß, wie er hier herein geraten ist. er hört auf, zu posieren, und macht sich auf die suche nach dem ausgang. zu diesem behuf quatscht einige kolleg*innen an, aber sie ignorieren ihn. jemand lässt, ganz anderswo im raum, einen hohen, langgezogenen pfurz. niemand in jener ecke bewegt sich auch nur einen millimeter. ronald pohl und michael scharang beäugen sich mißtrauisch.
hans rauscher hastet nun immer schneller hin und her. dabei stößt er in seiner hektik petra ganglbauer um, die auch bloß leise flucht. es scheint keinen ausgang zu geben. die wände sind glatt und weiß. die bodenkante entlang ziehen sich gute dichtungen. hahi haha.
hans rauscher sieht die vergeblichkeit seines treibens ein und belästigt niemanden mehr.
die meisten österreichischen intellektuellen verhalten sich still. was sollen sie auch tun. schön schaun sie aus. melodisch wabert, wie das meer, ihr atem.
mit dem letzten schlag der kuckucksuhr erscheint nun an der weißen wand eine flammenschrift:
groß ist nun das heulen und zähnefletschen. was wird weiter geschehen?
wird man gemeinsam nach der bildquelle bzw. dem bildgebenden verfahren suchen? also: herauszufinden trachten, ob es sich um eine projektion handelt?; – oder ob in den weißen innenputz auf sinnreiche weise ein breitwandmonitor hineinpraktiziert wurde?; – oder ob man es mit göttlicher intervention zu tun hat?; oder halt volkes stimme, oder so oder so oder so …
wird man das bleiben lassen und statt dessen einander irgendwie für mitverantwortlich halten an dem spuk? wenn ja: gibts chancen, dass mißtrauen in paranoia umschlägt, und paranoia in fight-or-flight, und dass dann so eine richtige schlägerei ausbricht, wie wir sie den ganzen marzipan-po-po’pscherln gar nicht zugetraut haben würden? wer aber landete dann als erstes einen echten treffer? mayröcker versus jelinek ist ja z. b. schon länger mal fällig, aber ob das noch was wird, bei dém alter … ? oder heißt’s: alle auf den handke? mit schirches schirches mobbing? und schnurbaarthaare einzeln ausgezupft? wird aber eh nicht sein, nicht wahr.
oder wird man gar beginnen, sich gegenseitig haarklein auseinanderzusetzen, was für ein schaas da an der wand steht? wird man die skizzenbüchln und die laptops zücken, um sich was aufzuschreiben, zur späteren verwendung?
was werden die meisten österreichischen intellektuellen machen, werte leser*in, da ihnen die kuckucksuhr die stunde schlägt und eine flammenschrift mit einem mordstrum volkstumsschaas erscheint? wird’s ihnen was nutzen? ist am ende gar eh alles voll super?
– kommen sie nächste woche wieder und finden sie’s raus – auf tatsachen.at !
***
Bilder:
Textausschnitt: Facebook-Screenshot nach einem Artikel in der Printausgabe des Standard, hier -> auf derstandard.at nachzulesen., Text: Andreas Gabalier.
Artikelbild: Rembrandt – Codart, Public Domain