GEDICHTE

About War

Yuliia Iliukha

Übersetzung aus dem Ukrainischen von Olha Sydor


ich, sagt er, erinnere mich an sie alle mit Namen
und lerne statt „ist“ das Wort „war“ zu verwenden,
wenn ich im Wagen ihr Blut wegputze.
und ich weiß genau: nach dem Tod gibt es keine Hölle.
ich, sagt er, bin ein sehr einfach gestrickter Bursche,
mein Job ist – die Verwundeten ins Lazarett zu fahren,
aber Blut ist nicht gleich Wasser und manchmal komme ich zu spät.
obwohl der Kaplan behauptet, sie wären in den Himmel gegangen.
ich, sagt er, glaub nicht an Gott aber trage ein Kreuz um den Hals,
da ist mein Filzstift, mit dem ich Rufnamen aufschreibe,
hier Nachnamen, da Vornamen, und dieser Strich da ist meine Wand,
und wenn ich nicht mehr kann, schützt sie mich.
ich, sagt er, hab nichts Gescheites in diesem Leben gehabt.
im Krieg geht’s mir besser, denn die Regeln sind einfach:
atme, trink Kaffee, rauche und freu dich jeden Tag,
dass du nicht der Generalstabchef bist, sondern nur ein Fahrer.
ich, sagt er, bin überhaupt kein Held, eher umgekehrt:
ich sehe, dass die besten gehen und die Arschlöcher bleiben,
aber hier und jetzt kann ich noch jemanden retten,
wenn der Knochenmann dem Wagen auf den Fersen ist.
Ich, sagt er, bin schon mehr Toten begegnet als Lebenden,
diese verdammte Welt konnte mich aber nicht fangen,
und solange die Hände noch das Steuerrad halten –
die von mir und von Hunderten meinesgleichen – werden wir nicht fallen.


я, каже, пам’ятаю їх усіх поіменно.
вчуся вживати „був“ після іменників,
коли із машини їхню кров вимиваю.
і знаю напевно: після смерті пекла немає.
я, каже, мужик як дубові двері простий,
моя робота – трьохсотих в лікарню везти,
та кров не вода і буває, що я не встигаю.
хоч капелан і торочить: вони полетіли до раю.
я, каже, в бога не вірю, та хрестик на шиї ношу,
ось маркер, ним позивні я у зошит пишу,
тут прізвища, тут імена, а ця риска – моя стіна,
і коли я вже не вигрібаю, вона мене захищає.
я, каже, нічого толком й не мав у цьому житті.
на війні мені легше, бо правила тут прості:
дихай, пий каву, кури і кожного дня радій,
що ти не начальник генштабу, а лиш водій.
я, каже, аж ніяк не герой, скоріш навпаки:
бачу, що йдуть найкращі, лишаються мудаки,
але тут і зараз я ще можу когось спасти
коли назирці за швидкою буде кістлява йти.
я, каже, мертвих зустрів вже більше аніж живих
та цей чортів світ мене досі ще не зловив,
і поки руки можуть міцно тримати кермо –
мої і сотень таких як я – ми не впадемо.

***


Ein Soldat in verblichener Tarnkleidung sucht Blumen aus:
Er mustert Schwertlilien, Hortensien und Gerberas,
Zupft an seiner dunklen Baskenmütze, reibt sich die roten Augen,
Seit Tagen hat er nicht geschlafen, ist aber nicht müde.
Die Verkäuferin sitzt und wartet geduldig:
Der junge Mann überlegt wohl, ob er genug Geld hat.
Sie greift nach dem Taschenrechner:
„Für die teuersten Rosen mach‘ ich einen Sonderpreis.“
Der Sommer hängt über der Stadt, heiß und lang wie die Steppe,
Die Hitze versengt die Schultern wehrloser Städterinnen.
An der Kreuzung dröhnt aus einem Auto Russian-Rap,
Die Verkäuferin überlegt, was sie heute zu Abend kocht.
„Was gefällt ihrer Dame?“ fragt sie endlich,
„Hiesige Sonnenblumen? Holländische rote Rosen,
Edel, wie ein Glas herber Wein?“ sie spricht,
Als käme sie aus Frankreich und nicht von hier.
„Wollen Sie Ihre Liebste beeindrucken?
Oder etwas zum Andenken schenken? Oder zum ersten Date?
Wer in der Liebe Erfolg hat, siegt auch im Kampf,
Glauben Sie mir: Blumen sind eine wichtige Waffe.“
Gereizt wendet sich der Soldat der Verkäuferin zu:
„Im Schlaf erscheinen mir Tote, die noch nicht tot sind.
Und wenn ich wach bin, habe ich auch nur Trümmer vor Augen.
Zu denen, die in sich einen Friedhof tragen, kommt keine Liebe.
Wer, wenn nicht wir, aber warum immer wieder wir?
Es ist leichter, bis zum Ende bei den eigenen Leuten zu bleiben.
Ich halte mich an den Gräbern fest, ich ramme neue Kreuze ein,
Aber wie soll ich durch diesen Schmerz in jenes Leben
Zurückfinden, wo ich einst den Mädchen Blumen schenkte?
Es scheint, ich kann mich über einfache Dinge nicht mehr freuen.
Heute bringe ich meinem Freund „Fasi“ die letzten Blumen.
Er war ein einfacher Bursche vom Kyjiwer Stadtrand,
Liebte das starke helle Bier und ruhige Morgenstunden am Dnipro.
Er kämpfte wie ein Löwe, verbrannte drei russische Panzer.
Begraben wird mein Kumpel „Fasi“ in einem geschlossenen Sarg.
Gib mir also dreißig von den besten Rosen.“
Der Soldat geht, nimmt den Blumenstrauß mit, samt dem Krieg und der Trauer.
Die Verkäuferin bekreuzigt sich, spuckt dreimal über die Schulter,
Schaut hinauf in die Ferne und bewegt ihre Lippen:
„Gott, lass dieses Unheil nicht mich, sondern jemand anderen treffen.“


Військовий в линялому пікселі вибирає букет:
Довго дивиться на іриси, гортензії й еустоми,
Тре запалені очі, поправляє бордовий берет,
Він не спав кілька днів, але не відчуває втоми.
Продавчиня в куточку сидить і терпляче чека:
Певно, хлопець про себе рахує в кишені гроші,
І до калькулятора тягнеться її засмагла рука:
„Скину йому на трояндах оцих найдорожчих“.
Літо висить над містом, гарячим і довгим, як степ,
Спека люто кусає містянок беззахисні плечі.
Із автівки на перехресті котиться рускій реп,
Продавчиня міркує, що б їй зготувати на вечір.
„Що дама любить? – не витримує врешті вона,
Осьо рідні соняхи наші, осьо голандські червоні
Троянди – благородні, ніби келих терпкого вина“,
Говорить, ніби сама родом з Франції, а не з Оболоні.
„Хочете вразити, пане, любу даму серця свою?
Чи нагадати про себе? А, може, це перше побачення?
Той хто успішний в коханні – переможе в бою,
Повірте, квіти – це зброя, що має велике значення“.
Військовий нервово повертає до продавчині обличчя:
„У снах моїх неживі ще живі підступають щоразу ближче,
І наживо з дня на день я бачу одне руйновище.
Любов не приходить до тих, у кого всередині кладовище.
Хто як не ми, але чому знову ми щоразу?
Легше, коли до кінця зі своїми лишаєшся разом,
Тримаєшся за домовини, вкопуєш нові хрести,
Та я вже не знаю, як крізь цей біль себе донести
В те життя, де колись дарував я дівчатам квіти.
Певно, простим речам я вже розучився радіти.
Сьогодні останні квіти принесу я другові „Фазі“.
Він був простим пацаном, зростав на Борщазі,
Любив світле міцне й над Дніпром тихі ранки,
Бився як лев, спалив три російських танки.
Ховатимуть друга „Фазу“ в закритій труні.
Дайте тридцять найкращих троянд мені“.
Військовий іде, забирає з собою букет, і війну, і горе .
Продавчиня хреститься і тричі спльовує через плече,
Ворушить губами, дивиться кудись далеко угору:
„Боже, нехай ця біда не мене, а когось іншого обпече“.

***


ich bin schon so lange in diesem Krieg, dass ich fast nicht mehr weiß,
wann und wo sein Anfang war
hier habe ich gelernt, zu hassen, durchs Visier zu schauen und komplett
verlernt zu vergeben
ich habe gelernt Munition zu zählen, meine verlorenen Freunde und die von meiner Hand
getöteten Feinde
ich habe gelernt, Kerben in Bäume zu ritzen, um festzuhalten, wie die Jahre vergehen
eins nach dem anderen
ich habe gelernt, meine eigenen Herzschläge zu hören, tief durchzuatmen,
bis zehn zählend
ich habe gelernt zu lieben, zu umarmen, eine Umarmung abrupt zu reißen,
um wieder wegzugehen
ich habe gelernt, ich selbst zu sein und gleichzeitig jemand anderer, mir ein Dutzend
fremder Gesichter übergestülpt
ich habe gelernt, alles zu kontrollieren, jede Bewegung, jeden Blick,
jedes Ein- und Ausatmen,
das Auferstehen jedes Mal nach Schnitt-, Stich-,
Schuss- und Messerwunden
ich habe fast alles gelernt, woran man sich nicht gewöhnt
und was mich am Leben hält
nur eine Fähigkeit fehlt mir immer noch, obwohl ich sie von Frühjahr bis Frühjahrübe:
atmen
gehen
denken
träumen
leben
ohne
Krieg


я так давно вже на цій війні, що майже не пам’ятаю, де і коли був її початок
тут я навчився ненавидіти, дивитись в приціл і геть розучився прощати
навчився рахувати набої, втрачених друзів і ворогів, що полягли від моєї руки
робити зарубки на дереві, щоб фіксувати як рік за роком спливають роки
навчився слухати серця удари і глибоко дихати поки рахую до десяти
навчився любити, обіймати і розривати обійми різко, щоби знову туди іти
навчився бути собою, бути кимось іншим, приміряв з десяток облич чужих
навчився контролювати кожен свій рух, кожен погляд, кожен видих і вдих
воскресати щоразу заново після різаних, колотих, вогнепальних і ножових
навчився майже всьому, до чого звикнути неможливо і що тримає мене в живих
одна лиш наука мені не вдається, як не вправляйся у ній від весни до весни:
дихати
рухатись
думати
мріяти
жити
без
війни

***


Der Winter kommt bald, obwohl es immer noch regnet.
Sie schläft immer noch an einer fremden harten Schulter ein.
Sie kocht Kaffee, bitter wie Medizin, sie atmet den Rauch ein
Und löscht die alten Fotos, auf denen sie beide lachen.
Und manchmal weint sie und verflucht nur sich dafür,
Dass sie damals diesen heiligen Krieg entfesselt hat.
Sie wischt sich die Augen, sobald der Schlüssel im Schloss knirscht,
Und ballt ihre brüchigen Kräfte zu einer zitternden Faust.
Manchmal trippelt sie die Straße entlang und bemerkt den geraden Rücken,
Der immer noch ihm allein gehört,
Und inmitten von Abgaswolken und Absatzgetrappel
Fällt ihr auf einmal ein, dass sie für ihn ein Niemand ist.
Dass die Versprechen längst in Flammen aufgegangen sind
Und dass man dem Gott keine zweite Chance erbetteln kann.
Zu Hause wartet ein anderer, extra für sie geschaffener, gut gebauter,
Angepasster und abgestimmter.
Sollte sie glücklich sein?
Aber es regnet und regnet,
Und dieser laue Winter ist wie in Milch aufgeweichtes Brot.
Es kommt ihr vor, als renne sie über dem Boden.
Alles wird anders werden,
sobald
der erste
kalte
Schnee
da ist.


А зима уже поруч, хоч досі дощі й дощі,
І вона засинає уперто на чужому міцному плечі.
Варить каву гірку, наче ліки, ковтає дим,
Видаляє всі знімки, на яких реготала з ним.
А буває, що плаче й кляне лиш себе, дурну,
Що навіщось тоді розв’язала оту священну війну.
І розмазує туш, зачувши скрегіт ключа в замку,
І збирає в тремтячий кулак волю свою ламку.
Ще буває, дріботить тротуаром, побачивши спину пряму,
Що сто років належала тільки йому одному,
І під цокіт підборів, у смогові тисяч авто
Раптом згадує, що для нього вона ніхто.
Що всі клятви згоріли, люди зійшли на пси,
Й переграти сцену не вдасться бога як не проси.
Вдома інший, для неї зроблений, вжився у інтер ‚єр,
Ладно скроєний та підігнаний за лекалами гарних манер.
Їй радіти би, та от тільки дощі й дощі,
І ця тепла зима як розм’яклий хліб в молоці,
І здається їй, що вона біжить і не чує ніг.
Та все зміниться, коли випаде
перший
холодний
сніг.

***


Zeig mir die Fotos von unserem Leben vor dem Krieg
Erinnerst du dich: Glühwein, Brocard und Jazz.
Damals mussten wir noch nicht
auf den stickigen Frühling warten.
Hier, schau: Kyjiw, Paris und Rom.
Der Brunnen auf dem Trevi-Platz singt sein Lied.
Die Sonne blendet. Kein Regen. Kein Wind.
Und die, die jetzt tot sind, stehen genauso da wie die Lebenden.
Glaube nicht, alle Kreise schon hinter uns sind.
Das Vergessen verkümmert durch den Schmerz.
Du sagst, du gehst? Bist müde? Und wir?
Mach’s gut! Und wir beißen uns mit den Zähnen am Leben.


Покажи мені фото як ми жили до війни
Пам’ятаєш: глінтвейни, Брокард і джаз.
І очікування задушливої весни
Ще тоді не проросло із нас.
Ось, дивись: тут Київ, Париж і Рим.
Ось співають фонтани на площі Треві.
Сліпить сонце. Ні вітру, ні злив.
І вже мертві – стоять іще як живі.
Ти не думай, що кола вже всі пройшли.
Через біль атрофується забуття.
Кажеш, їдеш? Втомився? А ми?
Ну щасти. Ми вгризаємося в життя.

***


Auf den Winter folgt immer der Frühling –
Kein einziges Mal habe ich erlebt, dass danach wieder der Herbst kommt.
Der Flieder duftet, als wäre es sein erstes Mal und der Wein strömt.
Die Gedanken im Kopf sind voller Leichtsinn und kleben wie Kiefernharz.
Die Stille im Mai hat den Klang einer Schulglocke,
Hier beginnen die Wellen des Kardiogramms ihre Reise.
Seine Hände sind heiß, seine Winterhaut, hart und verkrustet,
Ich suche nach der Bremse bei Zeiten, damit es ja nicht zum Drama kommt,
Noch ein, zwei Monate bis die höllischen Sommerstädte veröden,
dann werden Wüsten und Meere von blassen Pilgern bevölkert werden.
Aber jetzt ist erst mal Frühling und der Sinn des Lebens ist klar –
lass die Stille klingen, halte seine heißen Hände
und versuche ohne Maske zu lieben.


А за зимою завжди приходить весна –
Я не знаю ще жодного разу, коли б повернуло на осінь.
Як уперше пахне бузок і п’ється багато вина,
І думки в голові легковажні й липкі, як пахуча смола із сосен.
В травні тиша лунка, наче звук шкільного дзвінка,
І від неї біжить і брижиться хвилями кардіограма.
В нього руки гарячі, а шкіра зимова ще – груба і шкарубка,
І я завчасно шукаю гальма, щоб не зігралась драма.
Місяць-два – і спорожніють пекельні літні міста,
У пустелі й моря літаками потягнуться бліді пілігрими
Але поки весна, суть у життя проста –
Дзвеніти у тиші, тримати руки гарячі, любити без гриму.

***

Zur Biographie der Autorin:

Yuliia Iliukha is a Ukrainian writer, journalist, columnist, and volunteer. She was born in Kharkiv region in 1982 and has lived in Kharkiv for the last 20 years. She worked as a journalist in the print media and on television. She writes both for children and for adults.
Yulia’s prose works were published in the newspaper «Literaturna Ukraina» (The Literary Ukraine), magazines «Dnipro», «Berezil», «Kurier Kryvbasa» (Courier of Kryvbas), in the collections «Train 111», «Parasol», «Boyfriends», «My Christmas: 12 stories about miracles, which are nearby», «Seven holiday wishes», «Daddymommysnow. Book-snowball of winter wonders». Her poems were published in the collection «The mark of home».
Many times, Yulia has won literary contests and prizes, including the Oles Honchar International Ukrainian-German Literary Prize (2018), International Literary Contest «Word Coronation 2018», the contests «Novel in Ukrainian», «Kalmius», and «Smoloskyp».
Yulia is the curator of the socio-poetic multimedia project «The mark of home’, which is dedicated to the rehabilitation of war veterans in Ukraine through creativity. She is also the compiler of the eponymous collection of poems. She is the author of several interviews with writers for the daily all-Ukrainian newspaper «Den» (The Day).


Yuliia Iliukha, geboren 1982 in der Nähe von Charkiw. Dort arbeitete die Autorin bis zuletzt für Printmedien und TV; sie schreibt für Kinder und Erwachsene. Iliukha kuratierte das soziopoetische multimediale Projekt „The mark of home“, das sich der Rehabilitierung ukrainischer Kriegsveteranen durch Kreativität verschrieben hat. Außerdem verfasst sie Interviews mit den Autor:innen der ausschließlich ukrainischen Kurzbiografien 140 Tageszeitung Den (Der Tag). Im Mai 2022 hat sich Yuliia Iliukha entschlossen, die Ukraine mit ihrem Sohn Ivan (10) zu verlassen. Ab Juli ist die Autorin Gast im Internationalen Haus der Autor:innen Graz. Das Stipendium Writer in Residence wird ermöglicht und finanziert durch das Kulturressort der Stadt Graz und die Kulturvermittlung Steiermark.

***

Die Publikation erscheint in der Reihe About War – Die Sprache des Krieges, eine Kooperation von tatsachen.at/ausreißer – Die Wandzeitung mit GKP – Steirische Gesellschaft für Kulturpolitik, Kunstraum Steiermark und Kulturvermittlung Steiermark.