NEWSTICKER 7. Mai 2018 – ERST WIRD GESAGT, DANN WIRD GETAN.

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Wie angekündigt – eine Auswahl der TATsachen der letzten Tage, hier nun detaillierter dokumentiert: Michael Köhlmeier hat in seiner vielfach treffenden Rede u. a. festgehalten:

Zum großen Bösen kamen die Menschen nie mit einem Schritt, sondern mit vielen kleinen, von denen jeder zu klein schien, für eine große Empörung. Erst wird gesagt, dann wird getan.

Jeder einzelne der hier und anderswo dokumentierten Schritte wäre und ist große Empörung wert. Allein: Sie bleibt aus. So steht dem Tun nach dem Sagen nichts im Weg. Das zu ändern, liegt in der Hand jedes und jeder Einzelnen und aller.

> Im Jänner hat FPÖ-Innenminister Kickl davon gesprochen, Asylwerber*innen „konzentriert an einem Ort zu halten.“ Im Mai 2018 zieht der niederösterreichische FPÖ-Asyllandesrat Waldhäusl den Vergleich zwischen Asylwerber*innen und „Rindsvieh, Schwein und Lamm“, auf dem er auch mehrfach beharrt und setzt das Diktum Kickls um: Seit letzten Freitag, dem 4. Mai 2018, müssen sich all jene Asylwerber*innen, die in erster Instanz einen Negativbescheid erhalten haben, in „Sammellagern“ einfinden, tun sie dies nicht, fallen sie aus der Grundversorgung, stehen ohne Krankenversicherung und auch ohne jegliche weitere Versorgung da. Das betreffe laut Waldhäusl „Asylwerber, deren Rechtsmittel ausgeschöpft sind“, was nicht stimmt – ein erster Negativbescheid kann beeinsprucht werden, in zweiter Instanz werden Entscheidungen oft revidiert. (Damit es mit den negativen Bescheiden schneler geht, ist es mittlerweile Usus, Asylwerber*innen gezielt in behördliche Fallen zu locken, wie Norbert Mappes-Niediek auf tatsachen.at schildert.) Die Standorte der Lager werden außerdem geheim gehalten, um Proteste zu vermeiden. (Der Kurier nennt die Gemeinden Altenmarkt (Bezirk Baden), Frankenfels (Bezirk St. Pölten), Greifenstein (Bezirk Tulln), Baden, Poysdorf (Bezirk Mistelbach) und Mitterndorf (Bezirk Tulln), der Standard zudem Grünbach am Schneeberg (Bezirk Neunkirchen), Lanzendorf bei Bruck an der Leitha, Opponitz (Bezirk Amstetten) sowie Texing (Bezirk Melk)). Die Menschen bekommen in den Sammelquartieren kein Geld, dürfen nur zu bestimmten Zeiten das Gelände verlassen und man lässt ihnen eine „Rückkehrberatung“ angedeihen, die sie „auf ihre Heimreise vorbereitet“. Mich würde interessieren, wie man jemanden darauf vorbereitet, ihr/sein Leben zu zerstören.

Erst wird gesagt, dann wird getan. Hier ist beides ist der Fall. Menschen werde wie Vieh erfasst und „konzentriert“ in geheimen Lagern „gehalten“. Jetzt. Heute. In Österreich. Im Jahr 2018.

> Die systematische Abschiebung gut integrierter Familien geht weiter. Nach fast sechs Jahren wurde letzte Woche eine tschetschenische Familie aus Pfarrkirchen im schwarzblau regierten Oberösterreich abgeschoben, zwei der fünf Kinder sind bereits in Österreich geboren. Proteste von Mitbürger*innen verhallten – wie schon letztes Jahr gegen die Abschiebung einer jesidischen Familie aus dem Ort – von der Staatsmacht ungehört.

Erst wird gesagt, dann wird getan.

> Am 2. Mai 2018 wurde die sogenannte „Indexierung“ der Familienbeihilfe beschlossen. Das bedeutet übersetzt nichts anderes, als dass Kinder nicht gleich viel wert sind, sondern dieser „Wert“ danach „bemessen“ wird, wo sie leben. Was nicht zählt, ist das Vermögen der Eltern – wer in Österreich lebt, erhält durchgehend dieselbe Familienbeihilfe, egal ob es sich um die Kinder von Millionär*innen oder Arbeitslosen handelt. Aber die „Indexierung“der Familienbeihilfe bedeutet auch, dass etwa Kinder in Bulgarien, Ungarn, der Slowakei und Rumänien viel weniger erhalten. Die Einsparung trifft damit vor allem Kinder von osteuropäischen Arbeitskräften, die in Österreich schuften, am Bau, als Pfleger*innen, als Putzkräfte etc. Die Indexierung trifft also die, die ohnehin am wenigsten verdienen. Jetzt bekommen sie noch weniger. Der Sohn belgischer Diplomat*innen oder die Tochter schwedischer Unernehmer*innen wird jedoch mehr bekommen. Dass das europarechtswidrig ist, stört dabei eine angeblich proeuropäische Regierung nicht im geringsten. Wieder einmal wird also das nationale Argument über das soziale geschoben, um das es in Wahrheit geht. Umverteilung von unten nach oben findet statt, diesmal auf dem Rücken der Kinder aus Familien mit geringen und geringsten Einkommen.

Erst wird gesagt, dann wird getan.

> Erst verklagt die FPÖ den Autor Josef Winkler für Passagen seiner Rede zur 500-Jahr-Feier der Stadt Klagenfurt, dann schießen FPÖ und ÖVP mit haarsträubenden Anschuldigungen gegen den Schriftsteller Michael Köhlmeier nach dessen Auftritt bei der Feier gegen Gewalt und Rassismus anlässlich des Gedenkens der Opfer des Nationalsozialismus im Parlament. Kritische Autor*innen mundtot machen zu wollen ist ein bekanntes Phänomen aus totalitären Systemen. Es greift zusehends auch in Österreich platz.

Erst wird gesagt, dann wird getan.

> Zwei Ministerien schalten mit öffentlichen Geldern Anzeigen im rechtsextremen, antisemitischen Magazin alles roger?, das sich auf die Verbreitung von Verschwörungstheorien spezialisiert hat. In zwei ‚entgeltlichen Einschaltungen‚ blauer Ministerien wirbt Kickls Innenministerium für den Eintritt in den Polizeidienst (S. 45), und Vizekanzler Straches Ministerium für den Öffentlichen Dienst und Sport für den Erwerb des Österreichischen Sport- und Turnabzeichens (S. 15). Regelmäßig sind FPÖ-Spitzenpolitiker breit vertreten, die Magazinmacher sind immer wieder Gäste bei rechtsextremen Veranstaltungen, identitäre Homestories, Chemtrail-Viren und Soros-Pamphlete ergeben das Koglomerat, das den blauen Ministerien (einmal sogar ganzseitig) öffentliche Gelder wert ist. Personalia: Chefredakteur ist der Ex-Ehemann von Barbara Karlich, Roland Hofer, der als FPÖ-Anhänger sowie durch rassistische und sexistische Postings auf seiner Facebookseite auf sich aufmerksam macht. Als Herausgeber fungiert Ex-FPÖ-Mitglied Ronnie Seunig, Betreiber eines Einkaufscenters und Erlebnisparks für Kinder an der tschechischen Grenze – auf deren Homepage er für alles roger? wirbt. Verlagsleiter ist Peter Westenthaler. Fun-fact am Rande: alles roger? trägt zwar einen halbenglischen Magazintitel, spricht aber gern von „Hauptstrommedien“, im Gegensatz zu denen man sich – laut Facebook-Information– mit „profundem Lifestyle“ beschäftigt. Eine parlamentarische Anfrage des grünen Bundesrates David Stögmüller, betreffend die Details (u. a. die Kosten) der ministerialen Inserate, harrt derzeit ihrer Beantwortung.

Erst wird gesagt, dann wird getan.

> „Die Bedrohung der Pressefreiheit wächst seit der Regierungsbeteiligung der rechtsextremen FPÖ,“ stellt Reporters Without Borders/Reporter Ohne Grenzen fest. Die Diagnose weiter: Politiker*innen beschimpfen nun immer öfter Journalist*innen, und Kanzler Kurz verweigert die Verurteilung derlei verbaler Angriffe. Die Unsicherheit um die Gebührenfinanzierung des ORF und die damit verbundene Unabhängigkeit stellt eine weitere Bedrohung für die Pressefreiheit dar. Dazu kommt das Misstrauen in die Medien, geschürt unter dem Label „Lügenpresse“, das ausgehend von der deutschen islamophoben Pegida auch in Österreich immer mehr Verbreitung findet.

Erst wird gesagt, dann wird getan.

Jeder einzelne Punkt sowie die gesamte Liste ließen sich erweitern, es sind keine Einzelfälle und es waren nie welche. Es sind Schritte, und die Richtung ist eindeutig.

 

Foto: (c) Evelyn Schalk